Vergangenen Samstag veröffentlichte der Reutlinger General-Anzeiger (kurz GEA, eine selbstständige Tageszeitung der Region Neckar-Alb) nachfolgenenden Artikel (verfasst von Uwe Rogowski, GEA):
Der Dosenhersteller Müller & Bauer sieht sich einem harten Preiskampf mit Wettbewerbern aus China und Kroatien ausgesetzt. Daher hatte das traditionsreiche Metzinger Unternehmen im vergangenen Jahr bei der Produktionsmenge und beim Umsatz deutliche Rückgänge gegenüber dem guten Jahr 2017 zu verzeichnen, wie Geschäftsführer Richard Hönes im Gespräch mit dem GEA erklärt. »2019 wird wohl ähnlich sein wie 2018«, sagt er. Sogleich stellt er indes klar, dass Müller & Bauer schwarze Zahlen schreibe, interessante neue Projekte im Blick habe und erst im Juli über 400 000 Euro in einen neuen Stanzautomaten investiert habe. »Wir möchten den Umsatzrückgang wieder aufholen«, kündigt der 61 Jahre alte Groß- und Außenhandelskaufmann aus Eningen an, der seit 1982 für die Firma arbeitet und seit 2005 an deren Spitze steht.
Die Müller & Bauer GmbH & Co. KG stellte 2018 in ihrem Verpackungswerk an der Stuttgarter Straße in Metzingen 120 Millionen Blechdosen mit Fassungsvermögen zwischen vier Millilitern und drei Litern her – im Jahr zuvor waren es allerdings noch 133 Millionen. Der Umsatz des Unternehmens schrumpfte, bei einer Exportquote von unverändert 20 %, von 15,8 Millionen Euro in 2017 auf 14,5 Millionen Euro. »Ein großer Kunde kaufte deutlich günstiger in China ein«, berichtete Hönes. Zudem erhielt ein Konkurrent aus Kroatien EU-Subventionen. Neben diesen branchenspezifischen Gründen spiegle sich in der Umsatzentwicklung auch die abgeschwächte gesamtwirtschaftliche Lage. Müller & Bauer nennt gegenüber Medien traditionell keine exakten Zahlen zum Jahresergebnis. Hönes merkt dazu an, dass in der Branche aufgrund des intensiven Preiskampfes lediglich geringe Umsatzrenditen zu erzielen seien.
Durch Nicht-Besetzen freier Stellen sank die Zahl der Beschäftigten von 102 vor einem Jahr auf aktuell 93; darunter sind zwei Auszubildende. In den Arbeitsbereichen Konstruktion und Werkzeugbau, Stanzerei, Montage und Qualitätssicherung, Druckvorstufe, Druckerei / Lackierei sowie Vertrieb / Marketing und allgemeine Verwaltung arbeiten 28 Frauen und 65 Männer aus 15 Nationen beziehungsweise 60 gewerbliche und 33 angestellte Personen für die Büchsenfabrik. In der Betriebsleitung hat es im vergangenen Herbst einen Wechsel gegeben: Prokurist Rolf Oettinger, 64, ging in den Ruhestand. Alexander Rohrmoser, 46, seit 2010 im Betrieb, rückte für ihn nach.
Die Stülpdeckeldose als Metallverpackung für kosmetische Erzeugnisse wie Hautcremes macht nach Angaben von Hönes über die Hälfte des Produktionsvolumens von Müller & Bauer aus. Auch Bezeichnungen wie Schraubdeckeldose, Trichterflasche und Aufreißdeckeldose erklären sich nach kurzem Nachdenken von selbst. So manches Produkt aus Metzingen begegnet vielen Verbrauchern im Alltag – wegen Geheimhaltungsvereinbarungen mit großen Markenherstellern dürfen die Verpackungsspezialisten aus dem Ermstal die meisten ihrer 300 Kunden aber nicht nennen.
Dosen für Nahrungsmittel (Wurst, Käse, Bonbons, Schokolade und vegetarische Brotaufstriche) und für kosmetische Füllgüter machten zuletzt jeweils 40 Prozent des Umsatzes aus. Blechverpackungen für chemisch-technische Produkte wie Lacke und Farbe, Schuhcremes und Lederfette sowie Schmuckdosen stehen für die übrigen 20 Prozent. Aus jährlich 2 000 Tonnen Weißblech und 600 Tonnen Aluminium entstehen 100 verschiedene, zwischen 0,15 und 0,3 Millimeter dicke Dosenformen. Es handelt sich um Dreiteiler mit Rumpf, Boden und Deckel, und um Zweiteiler mit Unterteil und Deckel. In manchen Fällen liefert Müller & Bauer auch nur Deckel – etwa für Glasunterteile. Verpackungen aus Metall lassen sich gut recyceln (Quote: 90 Prozent) und zu neuen Produkten verarbeiten. So wird aus einer Lebensmitteldose von heute eine Autokarosserie von morgen und eine Schiffsschraube von übermorgen.
Müller & Bauer, 1899 von Fritz Müller und Fritz Bauer gegründet, ist seit 2008 zu 100 Prozent Bestandteil der Staehle Gruppe in Stuttgart. Für das Familienunternehmen Staehle, ebenfalls 1899 gegründet, sind die Metzinger seither drittes Standbein neben der Herstellung von Spraydosen aus Metall am Standort Schifferstadt (Rheinland-Pfalz) und dem Geschäftsbereich Reinigungsmaschinen mit der Marke Columbus. Der Unternehmensverbund hat 350 Mitarbeiter. (Foto: GEA, Niethammer)